Auch wenn der erste Part meines Karpfentagebuchs keine glorreiche Siegesgeschichte war, so spiegelt
es doch das wieder, was man am Wasser erlebt. Und besonders an den öffentlichen Gewässern
unseres Nachbarlandes erlebt man häufig die ein oder andere Überraschung. Egal, ob es große
Fische, unachtsame Mitangler oder Wetterkapriolen sind – all das spielt in unsere Abenteuer mit rein
und lassen sie unvergesslich werden. So auch dieses Mal…
Nachdem wir vom See vertrieben wurden, musste mitten in der Nacht ein Plan B her. Wasser gab es
in der Gegend zwar zur Genüge, doch welche davon öffentlich und welche privat waren, verrät
Google Maps leider nicht. Bis tief in die Nacht fahren wir See um See an, nur um immer wieder vor
verschlossenen Toren umzudrehen.
Einen Trumpf haben wir aber noch in der Hinterhand! Ein kleiner Baggerseen-Komplex, die noch dazu
alle öffentlich sein sollen, könnte für uns die Rettung bedeuten. Kilometer um Kilometer legen wir auf
einem holprigen Feldweg entlang, ehe wir den auserkorenen Baggersee ansteuern. Es ist bereits tief
in der Nacht und der Vollmond lässt die Gewässer um uns herum matt-schimmern. Wir entscheiden
uns für eine strategische Stelle, von der wir gleich zwei Seen auf einmal beangeln können.
Kleine Fallen bestehend aus mit Two-Light Hookbaits beköderten Blow-Back-Rigs und ein paar Hände
Milky Ocean Boilies sollen es für die letzten Stunden der ersten Nacht für mich richten.
Ich platziere drei Ruten in verschiedenen Seeteilen und eine Rute im Nachbarsee, über den wir keinerlei Informationen haben. Das Futter schlägt bei den Fischen sofort ein und ich fange bis in die Morgenstunden gleich mehrere kleine Spiegler und einen Wels im Miniaturformat.
Übermüdet beratschlagen Malte und ich uns am Vormittag. Wenn wir keinerlei Infos über den
Fischbestand hätten, wären wir wahrscheinlich längst weiter gezogen. Aber so hatten wir für die
kommenden beiden Nächte eine gute Chance auf zumindest einen 20-Kilo Fisch und einige urige
Spiegler, die wir uns nicht entgehen lassen wollen.
Und ehrlich gesagt, ist uns nach den Strapazen der
ersten Nacht nicht wirklich nach „moven“ zumute.
Ich überdenke meine Taktik, lege zwei Ruten in ein altes Krautfeld und eine vor einen umgestürzten
Baum. Meine Milky Ocean Boilies lege ich für einige Stunden in Seewasser ein und ummantele sie
anschließend mit T-Powder 2.0. Ein Versuch, bei den Karpfen schneller Vertrauen zu gewinnen, denn
die Fußspuren im Matsch lassen erahnen, dass hier regelmäßig geangelt wird.
Am Nachmittag kommt wieder Leben ins Wasser. Der Wind frischt merklich auf und die Wetter-App
verkündet einen Temperatursturz. Bingo, Fangwetter! Und innerhalb einer halben Stunde landen
gleich drei Fische im Kescher. Am erneuten Rutenlegen ist aber erstmals nicht zu denken, so sehr
peitsch der Wind gegen das Boot.
Für die zweite Nacht sehne ich mich nach einer ordentlichen Mütze Schlaf. Ich tausche meiner 24iger
Hookbaits gegen 30mm Gute-Nacht-Boilies und schaffe es tatsächlich, keinen kleinen Fisch mehr zu
haken. Nur leider interessiert sich auch kein besserer Fisch für meinen Hakenköder – ob ich es eine
Nummer übertrieben habe? Manchmal funktionieren große Köder, manchmal eben nicht. Kaum habe
ich am frühen Morgen meine Köder verkleinert, drille ich Augenblicke später schon einen urig, alten
Spiegler. Der passt!
Und als Malte, der zeitgleich im Drill war, einen dicken Spiegler auf die Matte
hievt, haben wir unser Ziel – einen 20-Kilo-Karpfen zu fangen, zumindest zu 50% erfüllt.
Die letzte Nacht bricht an und für uns die letzten Stunden am See. Noch einen der alten
Seebewohner zu fangen – das wäre jetzt was! Mit einem Gläschen Rose stoßen wir auf diese etwas
anders gelaufene Frankreichsession an, als mein Snowman unter Wasser wohl wieder einen
Abnehmer findet. Ein kugelrunder Mitdreißiger Spiegler landet nur wenige Minuten später im
Kescher. Obwohl es hier keinen allzu großen Bestand an 20+ Fischen geben wird, genießen wir die
Zeit am Wasser und das launische Aprilwetter.
Die letzte Nacht ist ruhig. Unter den Karpfen scheint sich unsere Ankunft am See herumgesprochen zu haben. Zumindest merken sie bestimmt die durch den See kreuz und quer verlaufenen Schnüre.
Ich wechsle noch einmal meine Taktik und tausche meine Bodenköder- gegen Pop-Up-Rigs mit extra auffälligen Beifutter. Besonders tagsüber, wenn man noch einen schnellen Biss herauszögern möchte, ist dieses Vorgehen immer wieder für einen Bonusfisch gut. Auch wenn das in vielen Fällen keine großen Fische sind. Auch diesmal schenkt mir der See noch einen Spiegler an der Totholz Rute.
Über 20 Fische bis über 20 Kilo konnten wir in 2,5 Nächten dem See entlocken. Ein durchaus gutes
Ergebnis, wir mir kurz vor unserer Abfahrt ein Local erklärt. Und der Top-Fisch des Sees? Der steht
noch auf meiner Wunschliste. Irgendwann komme ich zurück!
Seit gespannt, wie es in meinem Karpfentagebuch #3 weitergeht – es bleibt spannend!
David Rosemeier
Team P.R. Baits