Futter ist Macht – Trip in Südfrankreich

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Futter ist Macht oder warum man sich manchmal einfach mal entspannen sollte

Das vergangene Jahr war anglerisch von mehr Tiefen als Höhen geprägt. Nach dem Zusammenzug mit meiner Freundin in einer neuen Stadt, der neuen Universität und dem neuen Job blieb nicht sehr viel Zeit zum Angeln. Und die Zeit, die ich hatte, nutze ich ineffizient an meinem alten Hausgewässer und der Weser, sodass ich Anfang September nur 7 Fische aus 35 Nächte auf der Habenseite hatte. 

Vor dem Hintergrund planten mein Freund Jens und ich schon im Mai einen gemeinsamen Urlaub in Frankreich. Es sollte zwei Wochen an zwei große südfranzösische Stauseen geben. Einen der Seen habe ich die vergangenen Jahre auch befischt, der andere spielt in einer neuen Liga. Für Jens sollte das zudem sein erster Trip nach Frankreich sein, dementsprechend sprachen wir sehr früh und sehr lange darüber.

Mitte September ging es los. Nachdem wir die Autos nach einem langen Arbeitstag gepackt hatten, traten wir die 1300km lange Fahrt an. Nach einer Vollsperrung in Paris und dem entsprechenden Umweg, kamen wir nach 16 Stunden am vermeintlich ersten See an. Jens realisierte, wie viel Wasserfläche der See wirklich hatte und ich freute mich wieder da zu sein. Vom Parkplatz sahen wir bereits, dass die Stelle, welche wir präferiert hatten, frei war.

Bei einem Gespräch mit anderen deutschen Anglern, welche auf dem Sprung nach Hause waren, erfuhren wir, dass lediglich noch ein anderes deutsches und ein tschechisches Camp im Südarm war. Somit hatten wir hunderte Hektar Wasserfläche ganz für uns alleine.

Wir slippten und setzen zügig über. Jens wählte eine Steilkante und ich die Spitze. Keine drei Stunden später lagen unsere Ruten und wir legten uns nach der langen Fahrt schlafen. Am nächsten Morgen wurde ich direkt von einem Run geweckt.

Den ganzen Tag über passierte nichts mehr. Wir legten die Ruten präzise ab und fütterten jeder Großflächig etwa 6kg Feed Grade Fruit in 20mm, 24mm und 30mm, sowie 20mm Fruity Zing und Tigernüsse. Ich pimpte mein Futter mit CSL Extrakt Liquid, Baitmaster Groundbait und T-Powder 2.0.



Am nächsten Morgen konnte auch Jens seinen ersten Franzosen auf den passenden Two Light Hookbait fangen. Am Nachmittag begann mein Platz dann zu laufen. In kurzer Zeit fing ich drei Fische, obwohl die Ruten weit auseinander und in einem Bereich von 8 bis 14 Metern Tiefe lagen. Dies sollte ein erster Vorbote darauf sein, was uns die kommenden Tage erwarten sollte. 




Langsam fing ich an zu überlegen, ob es sinnvoll ist, noch an einen zweiten See zu fahren, oder ob wir nicht doch an diesem See unseren Urlaub genießen. Die Erfahrung zeigte, dass die Stellen an diesem See umso besser laufen, umso länger man Sie unter Futter hält. Dies sollte sich in den nächsten Tagen bewahrheiten. 




Meine Spots liefen richtig gut an, Jens fing schon an zu scherzen, dass er nächstes Mal ohne Ruten als Fotograf mitkommen würde. Das wäre bei den Fotos zwar nicht verkehrt, jedoch auch nicht Sinn der Sache.

Ich hielt meine Spots, auch aufgrund der Runs, mit ca. 15kg Boilies und und 5kg Tigernüssen am Tag unter Futter. Und es machte sich weiterhin bezahlt. Der Tag, an dem wir moven wollten kam immer näher. Ich sprach mit zwei Freunden, die den See, an den wir wollten, kennen und beide rieten mir, den Urlaub und die vielen Runs weiter zu genießen und auf der Stelle zu bleiben. Es sprach einfach zu viel gegen den anderen See: Die Höhenlage in Verbindung mit der Jahreszeit, die kurze Zeit die uns noch blieb und der große Bestand an kleinen Fischen. Nach kurzer Rücksprache mit Jens entschieden wir uns, auch die verbleibenden sechs Nächte nicht zu moven. Versteht mich nicht falsch – ich wäre zufrieden gemoved, ich hatte schließlich schon über 20 Fische, wovon die Hälfte über 15kg lag – und damit mehr Dreißiger, als es in allen Gewässern meines Heimatvereines zusammen gibt.

 

Aber die Bedingungen am neuen See passten einfach nicht und eine lohnenswerte Alternative fiel mir spontan nicht ein. Zudem waren unsere Ressourcen auf die Nutzung des Verbrenners ausgelegt, sodass Gewässer mit Verbrenner-Verbot aus der Auswahl rausfielen.

 

Jens entschied sich, die restlichen Nächte zu mir auf die Spitze zu kommen. Wir bauten im Dauerregen schnell sein Camp um und fütterten die Spitze großflächig mit 30kg Feed Grade Fruit und 10kg Tigernüssen. Als Eyecatcher fütterten wir ich noch etwa 5kg Fruity Zing in 20mm bei. Ich gab zwei meiner Spots auf, die er übernahm – wir waren schließlich gemeinsam im Urlaub und so konnten wir beide vernünftig die Spitze befischen. Anschließend brachte er mich zum Auto, damit ich schnell im nächsten Ort für die verbleibenden Tage einkaufen konnte.




Am Abend legten wir unsere Ruten neu. Jens gelang im Nachhinein ein Geniestreich – er nahm meinen Spot an der Steilkante und fischte fünf Meter flacher. Das sollte ab dem ersten Abend, an dem er darauf fischte, der produktivste Spot der restlichen Session werden. Und es sollte sich bewahrheiten: Nach der Futterorgie und den 10 Stunden ohne Ruten auf den Spots fingen wir weiter im Schnitt fünf Fische pro Tag und das Futter flog weiter in Massen auf die Spots.




Wir fingen konstant auf allen Spots. Von der Steilkante auf 9 Meter bis zum Ausläufer der Spitze auf 14 Meter. Und das auf alle Köder und Ködergrößen. Vom 20mm Two Light Hookbait, über Snowmans bis zum 35mm Boilie. 

Es lief wie am Schnürchen, aber die Marke von 20kg brachen wir dieses Mal nicht.




Nach knapp zwei Wochen hatten wir 70 Fische bis knapp unter 20kg auf der Habenseite. Selbst einen Doppelfang hatten wir.

Jetzt ist die alles entscheidende Frage: Was nehmen wir aus dieser Session mit? Neue Erkenntnisse?

 

Neue Erkenntnisse im klassischen Sinne hatten wir nicht – jedoch wurde Wissen aus Literatur und Videos vertieft und bestätigt.

 

Zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist Futter Macht. Man kann die Fische über Tage und Wochen bei Laune halten. Und auch, wenn man zuhause nicht wirklich tief angeln kann, da es die Seen einfach nicht hergeben, sollte man dies an deutlich tieferen Seen definitiv probieren. Binde dir Rigs vor. Es gibt nichts beschisseneres, als Nachts fünf Runs zu haben und jedes Mal dazusitzen und erstmal ans Ufer zu fahren, um ein Rig zu binden und die Schlagschnur zu wechseln. Leg dir die Sachen einfach ins Boot und leg die Rute direkt neu.

Und die wichtigste Erkenntnis kam auch mal wieder: Genieß einfach die Zeit. Jag nicht nur den Kilos hinterher.

Es ist auch mal schön, einfach nur viele, viele Runs zu haben und eine gute Zeit zu haben. Das Leben ist schnelllebig und stressig genug.

 

Keep calm and go fishing!

Jan Recknagel