53.000 Hektar, 48 Stunden Zeit – Revanche am Bodensee, mit der Sauren Biene im Gepäck
Unterhält man sich mit anderen Karpfenanglern über das Angeln an den „großen Blauen“ ist häufig vom Du Der, Madine oder den Seen in Norddeutschland die Rede. Für mich liegt „DER“ große Blaue im Süden unseres Landes: der Bodensee. Ein Blick über die 53.000 Hektar große Wasserfläche lässt erahnen, warum dieses Gewässer auch als Schwäbisches Meer bezeichnet wird. Oftmals kann man das andere Ufer nur erahnen…
Während mir die großen Seen in Frankreich durch ihre Vielzahl an Buchten und verwinkelten Bereichen oft Kopfzerbrechen bei der Karpfensuche bereiten, fühlt man sich am Ufer des Bodensees vollkommen frei. Wahrscheinlich ist er einfach zu groß, um rational darüber nachdenken zu können, in welchem Bereich oder Areal sich gerade die Karpfen aufhalten. Zusammen mit meinem langjährigen Angelbuddy Kai Thiry, aka Faunacarp, hatte ich 48 Stunden Zeit, um die Karpfen an diesem Riesensee erst zu finden und letztendlich natürlich auch zu fangen. Ob das gelang, erfahrt ihr in den nächsten Zeilen.
Zugegeben, ich hatte einen kleinen Heimvorteil, schließlich wohnte ich Jahrelang in der Nähe dieses Ausnahmegewässers. Mit etwas Erfahrung in der Hinterhand, konnte ich zu Beginn der Session interessante Stellen aussuchen, an denen wir nach Fischen Ausschau halten wollten. An solchen Seen, in denen die Fische Nomaden sind und einige Kilometer am Tag zurücklegen können, bedeutet dieser Umstand jedoch noch lange nicht, dass man direkt auf Fisch stößt.
Einen Abend, einen ganzen Tag und einen Vormittag blieb uns Zeit. Ich wählte auf Google Maps zwei Plätze aus, die wir Instant beangeln wollten und eine große Flussmündung, die ich bereits bei unserer Ankunft mit einer Mischung aus Mais und der „Sauren Biene“ präparierte. Ich sage euch, es ich ein unbeschreibliches Gefühl, diesen unaufdringlichen, fermentierten Kohlehydratköder, der sich noch in der Testphase befindet, als erster in solchen Wassermassen zu versenken. Somit hatten wir immer noch ein Ass im Ärmel, sollten die Instantplätze nicht Fisch bringen.
Eine riesige Bucht mit Landungssteg und jeder Menge Kraut sollte der ideale Ort für den ersten Abend sein. Bereits Wochen zuvor konnte ich hier abends einige Fische rollen sehen und ein Blick mit der Taucherbrille verriet: Hier musste es einfach Karpfen geben. Große Krautteppiche mit kreisrunden, freien Stellen waren über den Gewässerboden verteilt. Während Kai die Schnur am Ufer auf Spannung hielt, paddelte ich zwei Montagen bestückt mit den nachtschwarten Nightlight Pop Ups auf zwei erfolgsversprechende Plätze. Ich kürze an dieser Stelle ab: Neben einem kurzen Take gingen wir an diesem Abend leer aus, was wir vermutlich auch den Massen an Badegästen zu verdanken hatten, die Kreuz und Quer über unsere Plätze paddelten. Naja, wer konnte es ihnen bei diesen Temperaturen verdenken.
Eine große Badebucht stand auf dem Plan, doch bei unserer Ankunft tummeln sich bereits hunderte von Badegästen im ausgemachten Bereich. Ob sich hier noch Karpfen aufhielten? Etwas komisch kamen wir uns schon vor, als wir die leichtbekleideten Herren und Damen in oliv-grüner Kluft mit Ruten und Drohne unterm Arm passierten. Half alles nichts, wir wollten schließlich Fische fangen! Innerhalb von Sekunden war die Drohne in der Luft und mit starrem Blick auf die Fernbedienung gerichtet, suchten wir langsam die riesige Wasserfläche nach dunklen Schatten ab. Tatsächlich konnten wir eine größere Ansammlung von Karpfen in einem Krautfeld ausmachen. Leise wurden die Rigs im kühlen Nass abgelegt und ein paar Fruity Zings darum verteilt.
Nach einer guten Stunde schickte ich wieder die Drohne in die Luft und sah, was ich bereits vermutete: Die Karpfen schienen unsere Anwesenheit bemerkt zu haben und waren wie vom Erdboden verschluckt. Naja, das Angeln am Bodensee ist schließlich kein Kindergarten und jede Menge Arbeit! Etwas geknickt verteilte ich wieder einige Murmeln der Sauren Biene im Bereich der Flussmündung und hoffte, dass die Fische dort am nächsten Morgen auf uns warten würden.
Neuer Tag, neues Glück. Langsam geht die Sonne über dem Wasser auf. Noch ein paar Stunden haben wir Ruhe, bevor die Touristen und Badegästen über die Ufer des Bodensees herfallen würden. Ob die Fische auf die Saure Biene gestoßen sind? Durch unsere nächtlichen Futteraktionen an den beiden Vortage konnten wir die Plätze nicht mehr überprüfen. Half alles nichts, jetzt folgte die Probe aufs Exempel. Schnell landeten die beiden – mit kleinen Snowmans – montierten Ruten im kühlen Nass. Eins, zwei, drei, vier Sekunden zähle ich, bis das Blei auf den Boden aufschlägt. Leicht die Rutenspitze anheben, das Blei schleppt sich langsam über den Boden. Leichtes Kraut mache ich aus. Perfekte Umstände also, für die Bodenseekarpfen. Doch die nächsten beiden Stunden tut sich nichts.
Die Zeit rennt uns davon, in Kürze würden die Badegäste unsere letzte Chance auf die Bodenseekarpfen zunichtemachen. In diesem Moment sahen wir einen Karpfen über unserem Platz rollen. Dann noch einen und noch einen. Mein Herz schlug bis zum Hals und ich blickte gebannt auf meine Bissanzeiger. Nach weiteren, zähen Minuten ertönte der ersehnte Vollrun und Kai darf seinen allerersten Bodenseekarpfen drillen – Ehrensache! Jetzt schien ein Trupp auf dem präparierten Platz zu sein und wir kommen mit dem Drillen kaum noch hinterher. Fisch abhaken, Rig scharf machen, Rute punktgenau auswerfen, Saure Biene nachfüttern.
Wir sind durch unsere vielen Trips nach Frankreich ein eingespieltes Team und konnten gar nicht realisieren, was hier gerade abging. Als die ersten Badegäste eintrudelten, ist der Spuck vorbei, die Fische schienen weitergezogen zu sein. Da riss ein letzter Run beinahe meine Rute vom Bissanzeiger. Im kristallklaren Wasser drille ich einen bildhübschen, wilden Fully, der vielleicht noch nie zuvor gefangen wurde. Bodensee, es war uns ein Fest – und wir kommen wieder!
Ich wünsche Euch viel Erfolg am Wasser – kommt gut durch den Sommer!
David Rosemeier
Team P.R. Baits